Nehmen wir einmal an, Sie haben sich entschieden, ein DAMS zu kaufen, die finanziellen Mittel sind im Großen und Ganzen bewilligt, und in der ersten Projektbesprechung geht es nun darum, die Aufgaben für dieses Projekt zu verteilen.
Jetzt werden Sie möglicherweise folgendes erleben: Es wird sich zeigen, dass die Einführung eines DAMS furchtbar viel Arbeit für viele Abteilungen und Mitarbeiter bedeutet. Und die Abkehr von verhassten und doch liebgewonnenen Gewohnheiten. Mancher, der eben noch gerufen hat, ohne ein DAMS nicht mehr arbeiten zu können, wird plötzlich so dringend gar keines mehr benötigen. Denn eigentlich funktioniert ja alles ganz gut, so wie es ist. Ohne DAMS. Nein, wir müssen da nichts ändern…
Das sollte Ihnen ein Ansporn sein – Sie sind auf dem richtigen Weg!
Was sind denn aber die Aufgaben, die da jetzt vor Ihnen liegen? Geklärt haben sollten Sie zu diesem Zeitpunkt mindestens folgende Fragen:
Was soll im DAMS verwaltet werden?
Finden Sie heraus, welche Bild- und Medienbestände in Ihrer Institution existieren. Achten Sie besonders darauf, doppelt gehaltene Bestände zu identifizieren – oft haben sich zum Beispiel bei Kuratoren und dem Marketing unterschiedliche Ablageorte für die gleichen Medien etabliert. Und manchmal finden sich dabei auch Ablageort-Todsünden wie externe USB-Festplatten.
Finden Sie heraus, woher die Medien stammen und identifizieren Sie die beste und möglichst originale Version von jedem Medium. Das sind bei Fotos oft die RAW-Bilder, die der Fotograf aus seiner Kamera geladen hat, oder TIFF-Bilder, die von einer Agentur geliefert worden sind.
Finden Sie heraus, wo die Rechte für existierende Medien liegen. Sie sollten Bilder, deren Copyright ungeklärt ist, von solchen, deren Rechte bekannt sind, isolieren. Ein DAMS beinhaltet oft einfach zu bedienende Mechanismen zur Veröffentlichung von Medien – das sollte Ihnen mit Medien, deren Copyright ungeklärt ist, niemals passieren.
Welche Abteilungen, Prozesse und Systeme werden das DAMS integrieren?
Als Registrare, Kuratoren und Sammlunsgverwalter werden Sie vermutlich zunächst vor allem an die Nutzung eines DAMS im Bereich der Sammlungsdokumentation denken. Aber es gibt auch andere Bereiche in einem Museum, die von der Nutzung eines DAMS profitieren können.
Die Öffentlichkeitsarbeit wird einen großen Bild- und Medienbestand von nicht-sammlungsspezifischen Medien besitzen. Die wären im DAMS viel besser aufgehoben als in irgend einem Verzeichnis.
In der Ausstellungsproduktion fallen meist ebenfalls große Mengen an Medien an, die manchmal nach Ende eines Ausstellungsprojektes einfach dem Vergessen anheimfallen. Dabei ist auch diese Dokumentation spannend und gehört sicher verwahrt.
Die Website kann aus dem DAMS mit Medien ebenso versorgt werden wie die neue Mobile App und die Medienstationen in der neuen Ausstellung.
Finden Sie heraus, welche Systeme in den entsprechenden Abteilungen vorhanden sind, welche Projekte gerade geplant sind und ob hier zum Beispiel über eine API eine Anbindung möglich und sinnvoll ist.
Womit müssen Sie sonst noch rechnen?
Nach der Klärung der ersten beiden Fragen haben Sie einen guten Überblick über das, was an Medien vorhanden ist. Sie wissen, welche Abteilungen am DAMS-Projekt beteiligt werden sollen und wollen. Jetzt könnten zwei Dinge passiert sein:
- Das von Ihnen ursprünglich angedachte Nutzungsszenario muss drastisch erweitert werden, weil viel mehr Anwendungsfälle abgedeckt werden müssen.
Oder:
- Es stellt sich heraus, dass nur die Sammlungsverwaltung wirklich an der Nutzung eines DAMS interessiert ist und das System deshalb viel weniger Aufgaben übernehmen muss als gedacht.
Natürlich gibt es auch noch die dritte Möglichkeit:
- Sie lagen genau richtig in Ihrer Einschätzung und das Projekt entfaltet sich exakt wie vorgesehen.
Konzentrieren wir uns aber auf die ersten beiden Optionen. Tatsächlich ist es mir in meinen Projekten häufiger passiert, dass das DAMS am Ende viel weniger intensiv genutzt worden ist als ursprünglich gedacht. Leider sind dafür aber manchmal auch viele Kompromisse gemacht worden, die man nicht hätte eingehen müssen, wenn die tatsächliche Nutzung vorher klarer gewesen wäre.
Manche Museen sind mit einer überschaubaren, kostengünstigen Möglichkeit, ihre Medien automatisiert zu verwalten und in ihre vorhandenen Systeme zu integrieren besser beraten als mit einem teuren Digital-Asset- Management-System.
In einem Projekt hatte ich unlängst die Situation, dass wir ein DAMS per API an ein Sammlungsmanagement-System angebunden haben. Dazu waren in diesem Fall gleich zwei APIs im Spiel – die des DAMS und die des Sammlungsmanagement-Systems. Leider war ein System im internen Netzwerk des Museums untergebracht und natürlich durch eine Firewall geschützt, das andere System im internen Netzwerk einer Agentur – und ebenfalls durch eine Firewall geschützt. Die Systemadministration der Agentur war schnell überzeugt, ein entsprechendes Loch in die Firewall zu bohren und den Zugriff zu ermöglichen. Bei der IT des Museum erwies sich das als deutlich schwieriger. Es mussten unabhängige Expertisen eingeholt und viel Überzeugungsarbeit geleistet werden– ein Aufwand, mit dem vorher niemand gerechnet hat.
Stellen Sie also vorher sicher, dass auch die IT-Abteilung, der Datenschützer, Ihr Internet-Provider und alle anderen denkbaren Instanzen mit im Boot sitzen.
Fazit
Jetzt haben Sie hoffentlich einen kleinen Überblick darüber bekommen, was ein Digital-Asset-Management-System ist. In einem amerikanischen Film wäre jetzt Zeit für das Happy End. Doch meine Firma sitzt nicht in Hollywood, sondern in Berlin-Prenzlauer Berg. Also gibt es ein offenes Ende:
Sie werden vermutlich erst ganz am Schluss Ihres Entscheidungsprozesses wissen, ob und wenn ja welches DAMS für Sie in Frage kommt, ob es ein cloudbasiertes oder ein Inhouse-System sein soll.
Lassen Sie aber in diesem Prozess auch zu, letztlich zu entscheiden, dass ein DAMS vielleicht nicht das leistet, was Sie brauchen. Schauen Sie sich auch andere Lösungsansätze wie IIIF an.